FDP stimmt Haushalt 2017 zu

21.12.2016

Haushaltsrede von Fraktionsvorsitzen Chris Higman in der Stadtverordnetenversammlung

Verehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Schwalbacherinnen und Schwalbacher,

Übersicht
Wir haben heute Abend über den Haushalt für 2017 zu beraten, der ein Defizit von EUR 7 103 458 im Ergebnishauhalt ausweist. Gedanklich ist dieses Defizit in zwei Teilen zu sehen. EUR 4 250 000 geht auf das Konto des kommunalen Finanzausgleiches (KFA) und EUR 2 853 458 ist in Schwalbach hausgemacht. Wir sind nicht zufrieden mit diesem Haushalt. Und dennoch werden wir ihm zustimmen.

Kommunale Finanzausgleich
Der kommunale Finanzausgleich (KFA) bzw. Solidaritätsumlage, wie er offiziell bezeichnet wird, ist in seiner jetzigen Form eine Erfindung der schwarz-grünen Raubritter aus Wiesbaden. Ich habe hier ein Buch, das Finanzminister Thomas Schäfer über „Die deutsche kommunale Selbstverwaltung in der Europäische Union“ geschrieben hat. Als Abschluss zitiert er den schweizerischen Politwissenschaftler Adolf Grasser wie folgt: „Dann wird man eine umfassende kommunale Ermessensfreiheit als unentbehrliche Voraussetzung für jede politische, soziale und moralische Gesundung Europas begreifen müssen.“
Meine Damen und Herren, Herr Schäfer sollte nachdenken welchen Schaden er mit seinem KFA der kommunalen Selbstverwaltung angerichtet hat. Er hat die kommunale Selbstverwaltung ignoriert. Mit unserem nun eingeleiteten Klageverfahren bekommt er entsprechende Gelegenheit, sein Fehlverhalten zu korrigieren
Und noch etwas Kurioses aus Wiesbaden. Laut Finanzplanungserlass des Hessischen Innenministeriums von 2014 haben grundsätzlich kommunale Haushalte ab spätestens 2017 ausgeglichen zu sein. Dies gleichzeitig vorzuschreiben, wenn parallel die enormen Belastungen des KFA vom Finanzministerium abverlangt werden, zeigt, welch chaotische Zustände und welche Fehlkoordination in der schwarz-grünen Landesregierung herrschen. Zwei CDU-geführte Ministerien arbeiten in direkt entgegengesetzten Richtungen.
Es ist klar, dass solche Doppelforderungen nicht von heute auf morgen zu erfüllen sind. Ich gehe später nochmal darauf ein.

In Schwalbach zu verantwortendes Defizit.
Ich möchte ihnen die Ergebnisse der Haushalte der letzten fünf Jahre zur Erinnerung und für die neuen KollegInnen darstellen. Dabei habe ich die Vergleichzahlen auf eine neutrale Basis gestellt, d.h. die Vergleichswerte sind nach Abzug der Kompensationsabgabe (eine frühere Version der KFA Soli-Umlage) dargestellt.
2012: EUR 3.943.976
2013: EUR 3.953.762
2014: EUR 3.474.315
2015: EUR 3.346.170 (FDP-Enthaltung)
2016: EUR 1.306.795 (FDP-Zustimmung – ausdrücklich nur wegen der Verbesserung)
Wobei muss man wissen, dass Nachzahlungen bei der Gewerbesteuer diese Defizite immer ausgeglichen haben.
Insofern stellt dieser Haushalt im Wesentlichen die vorhandenen Strukturen dar, die wir vorgefunden haben und die wir in ein paar Monaten nicht ändern konnten. Trotzdem halten wir an unserer Wahlausage einen ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden, fest.
Die Schwalbacher CDU brüstet sich regelmäßig mit den städtischen Rücklagen – die im Übrigen nur 40 Mio. betragen – nicht über 90 Mio, wie gelegentlich behauptet wird. Aber diese Rücklagen hat die CDU und ihre schwarz-grüne Mehrheit nicht erwirtschaftet. Das sieht man aus den geplanten Defiziten der Vorjahre, die ich schon angesprochen habe.
Vielmehr haben diese Steuermehreinnahmen die Schwalbacher Betriebe verdient. Und dafür haben unter anderem die Betriebe am Kronberger Hang viel beigetragen – ein Projekt der früheren FDP/SPD/UL-Koalition, das damals nicht nur von der CDU, sondern auch von den Grünen abgelehnt wurde.

Highlights
Wie schon gesagt, wir sind nicht zufrieden mit diesem Haushalt. Bei den Beratungen im HFA haben, wir gegen einige Positionen gestimmt – beispielsweise die EUR 500 000 Aufstockung des Budgets für die Aufwertung des Unteren Marktplatzes.

  •  Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Haus bereits Geld für dieses Projekt mit einer Deckelung von EUR 1,5 Mio. vorgesehen. Wie in der ersten Sitzung der Arbeitsgruppe für dieses Projekt dargelegt, reicht diese Summe aus, um das Notwendige zu tun – einige Reparaturarbeiten, Rampen für einen verbesserten Behindertenzugang usw. – aber nicht viel mehr. Auch nicht für das umstrittene Projekt der Umgestaltung des Brunnens. Dies ist ohnehin Geschmacksache, und angesichts der Gesamt-haushaltslage müssen wir sehen, dass Geld für solche Projekte auszugeben, nicht geboten ist. Die EUR 500 000 Aufstockung ist mit Sperrvermerk versehen. Wenn der Aufhebungsantrag mit einer überzeugenden Lösung für die angrenzende Vonovia-Bühne begründet wird, wollen wir das durchaus konstruktiv bewerten, nicht aber, wenn es nur um Verschönerungen geht, die man je nach Ansicht des Betrachters so oder so sehen kann.
    Und noch zwei weitere Punkte zu diesem Thema:
  • In der Arbeitsgruppe, die dieses Projekt begleitet, befindet sich nach unserer Kenntnis kein einziger Anwohner, etwa aus dem Bunten Riesen. Dieses halten wir für bedauerlich und wir regen an, die unmittelbar Betroffenen zur Mitarbeit für das Projekt zu gewinnen.
  • Und der Aufzug im Gebäude Marktplatz 9 ist seit knapp drei Wochen vom TÜV stillgelegt. Die Aussicht ist, dass es weitere zwei Wochen dauert, bis er wieder in Betrieb ist. Eine Familie aus dem 10. Stock hat Samstag Möbel gekauft und muß hoffen, dass jemand von Vonovia morgen kommt, um sie hoch zu tragen.  Dies ist kein Zustand. Die Stadt hat zwar keine rechtliche Handhabe in dieser Sache. Trotzdem gibt es hier ein öffentöiches Interesse und es liegt an jedem von uns, Druck auf die Vonovia auszuüben, damit diese Situation behoben wird – auch wenn das nur Öffentlichkeitsarbeit ist.
  • Auf der anderen Seite sind wir froh über die EUR 171 000, die für die Sanierung an der Straße am Sportplatz vorgesehen sind. Dies ist eine Arbeit, die wir über mehrere Jahre angemahnt haben. Diese Straße ist der Hauptweg für Radfahrer und Fußgänger von der Limesstadt nach Bad Soden – insbesondere zum Krankenhaus. Dieser ohnehin in einem sehr schlechten Zustand befindliche Straße hat oft genug gefährliche Situationen zwischen PKW- und Radverkehr verursacht. Ich sage offen, die gewählte Ausführung ist nicht meine Lieblingslösung, die einer völlig getrennten Spur für Radfahrer. Sie ist aber sachdienlich und wird zur Verkehrssicherheit auf dieser wichtigen Trasse beitragen.
  • Wir haben bei einigen Produkten Sperrvermerke anbringen lassen. Ein Beispiel ist der Aufzug für die Brücke über die Avrillestraße. Wir teilen die Auffassung, dass hier etwas gemacht werden muss. Allerdings bezweifeln wir stark, dass die von den Grünen vorgesehenen EUR 80 000 reichen, um hier eine optimale und dauerhafte Lösung zu erzielen. Deswegen haben wir im HFA dem Magistrat beuaftragt, dies fachlich prüfen zu lassen und in BVU zu berichten, bevor die Mittel freigegeben werden.
  • Auch für den Anstrich des Parkdecks am Marktplatz haben wir für ein Sperrvermerk plädiert. Die vom Magistrat vorgesehenen EUR 100 000 reichen für das ganze Parkdeck. Der Großteil der angestrichenen Fläche ist u. E. in Ordnung. Für die Ecken wo, tatsächlich etwas erforderlich ist, wollen wir in BVU eine deutlich geringere Summe freigeben.
  • Auch wenn die Summe sehr klein ist haben wir den Betrag für die Fair Trade Steuerungsgruppe abgelehnt. Persönlich zu Hause kaufen wir schon Fair Trade Ware ein. Aber aus unsere Sicht kann es nicht Sache des Staates bzw. der Stadt sein, gezielt das Einkaufsverhalten der Bürger mit Propaganda zu beeinflüssen.
  • Meine Damen und Herren, wir haben für eine Überarbeitung des Altenplans gestimmt. Es herrscht Einvernehmen darüber, dass der alte Altenplan – jetzt 10 Jahre alt – unbefriedigend war. Es hat damals lediglich EUR 10 000 gekostet. Und das könnte Grund genug für die bescheidene Qualität sein. Wir sind allerdings sicher, dass mit der aktive Begleitung dürch unseren engagierten, direktgewählten Seniorenbeirat ein wesentlich besseres Ergbnis herauskommen wird – z. B. einige konkreten Handlungsempfehlungen, die im alten Plan gänzlich gefehlt haben.Wir sind zwar der Meinung, dass die von der Verwaltung geschätzten Kosten von EUR 50 000 übertrieben sind. Aber bei einer kostenbewussten Vorgehensweise muss nicht der ganze Etat ausgegeben werden.
  • Wir haben schon vor der Wahl für eine Überprüfung der Vereinsförderungsrichtlinie eingestezt. Dies ist jetzt auf gutem Wege. Das Ergebnis dieser Arbeit wird voraussichtlich im ersten Quartal 2017 abgeschlossen und die notwendigen Mittel sind vorsorglich schon im Haushalt vorgesehen.

Heizwerk
Wir haben vereinbart, dass die Diskussion über den CDU Antrag zum Kauf des Heizwerksgrundstücks gemeinsam mit dem Antrag der Grünen zum gleichen Thema im HFA in Februar 2017 behandelt wird. Deswegen will ich meinen vorbereiteten Redebeitrag zu diesem Thema überspringen. Nur so viel: Bei allem Verständnis für die Frustration über dieses langwierige Verfahren, Frustration darf nicht dazu führen, dass wir die gebotene Sorgfalt bei der Risikoabschätzung und Risikobewertung über Bord werfen.

Haushalt 2018
Ja. Auch wir sind manchmal damit frustriert, dass es mit dem Abbau des Defizits nicht schneller geht. Aber wir lassen uns nicht dazu verführen, deshalb den Kopf zu verlieren.
Wir werden, wie von Herrn Hudel schon in seiner Rede anvisiert, sofort im neuen Jahr in einer systematischen Art und Weise einen Plan entwickeln, wie wir bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen können. Unter Berücksichtigung des von CDU und Grünen zu verantwortenden KFA und damit verlorengegangenen EUR 4 Mio. ist dies nicht schneller zu machen. Wir sind uns bewusst, dass dieser Prozess nicht angenehm werden wird. Andererseits sind wir der Überzeugung, dass wir Schwalbacher selbst das Problem angehen müssen. Wir können nicht so weitermachen wie unsere Vorgänger und Millionen-Defizit nach Millionen-Defizit verabschieden und auf Gewerbesteuernachzahlungen als Ausgleich hoffen.
Wenn das so weiter geht, ist unser Polster in nur wenigen Jahren aufgebraucht. Dann schreitet die kommunale Aufsicht ein und bestimmt alleine, wo in Schwalbach gespart werden muss. Wir sind der Überzeugung, wir müssen unsere Probleme selbst lösen, bevor wir so fremdbestimmt werden – und das können wir auch.

Dank an die Steuerzahler
Ich möchte an dieser Stelle unseren Dank an die Steuerzahler, über deren Geld wir heute Abend zu entscheiden haben, zum Ausdruck bringen. Dazu gehören die Gewerbetreibenden, die nur mit ihrer harten Arbeit und ihren Ideen die Gewinne erzielen können, die die Gewerbesteuer begründen. Unser Dank geht auch an die Einkommensteuer- und Grundsteuer¬zahler (wozu auch alle Mieter zählen) für ihren dauerhaften und verlässlichen Beitrag.

Zum Schluss möchten wir uns über die sachliche und gute Zusammenarbeit in den Ausschüssen bei allen bedanken, sowohl bei den Mitgliedern der Ausschüssen, vor allem aber bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, an der Spitze den Amtsleiterinnen und Amtsleitern, sowie den Schriftführerinnen und Schriftführern in den Ausschüssen, und nicht zu vergessen bei Herrn Benner für die ursprüngliche Vorbereitung diees Haushalts sowie bei Frau Hartmann und dem gesamten Team in der Finanzverwaltung für die zusätzliche Leistung der letzten Tage– denn auch in diesem Jahr haben wir heute die aktuellen Zahlen für unsere Beschlussfassung wieder vorliegen.

Dank auch an den Magistrat, allen voran Frau Bürgermeisterin Augsburger für die Zusammenarbeit im ablaufenden Jahr sowie bei den Haushaltsberatungen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen allen ein frohes, gesegnetes Weihnachtsfest, alles Gute für 2017, vor allem aber beste Gesundheit.