Fernwärme

Fernwärme: Gründliche Prüfung statt Schnellschuss

Eines der Dauerbrennerthemen in Schwalbach. Lesen Sie, warum mit einer überhasteten Lösung hier leider niemandem geholfen ist – auch nicht den Limesstädtern, die ihre Fernwärme teuer kaufen müssen.

OV-Schwalbach 15.11.2016
Im November 2016 haben die Schwalbacher Grünen eine Pressemitteilung zum möglichen Kauf des Heizwerkgrundstückes veröffentlicht. In dem Beschluss aus der Stadtverordnetenversammlung aus dem Jahr 2012, auf den in dieser Mitteilung Bezug genommen wird, heißt es: „Die Stadt Schwalbach hält an der Absicht fest, das Heizwerkgrundstück mit Kraftwerksanlagen von der derzeitigen Eigentümerin Nassauische Heimstätte zeitnah zu erwerben. Verpflichtungen aus dem bisherigen Vertragsverhältnis zwischen Nassauischer Heimstätte und RWE ED sollen dabei übernommen werden.“ Dieser Satz, der so harmlos daher kommt, bedeutet, dass die Stadt im Falle eines Kaufs in alle vertraglichen Verpflichtungen der NH einsteigt – falls die Pachtverhältnisse beendet werden bzw. nach einem Grundstückskauf müsste die Stadt der RWE eine angemessene Entschädigung für das Heizwerk zu zahlen. Weil hiermit ein unbeziffertes Risiko für die Stadt verbunden ist, haben FDP und Freie Bürger dagegen gestimmt.
Die Weiterentwicklung in dieser Angelegenheit hat gezeigt, dass unsere Vorsicht angebracht war: In einem Rechtsstreit zwischen RWE und NH wurde der Sachverhalt, dass eine Entschädigungszahlung für das Heizkraftwerk fällig wird vom BGH bestätigt. RWE selbst hat den Wert des Heizwerkes inkl. Nebenanlagen mit 11 Mio. EUR beziffert. Vermutlich liegt dieser Betrag über dem, der bei einer tatsächlichen Bewertung herauskommt, gleichwohl ist davon auszugehen, dass der Betrag in etwa die Richtung angibt.
Unsere Vorsicht ist allerdings nicht mit Ablehnung gleich zu setzen. FDP-Politik steht für Wettbewerb und nicht für Monopolverhältnisse! Auch wir sehen die Preispolitik der RWE sehr kritisch. Insbesondere die so genannte Preisgleitklausel, wobei der Wärmepreis an den effektiv vom Heizwerk bezahlten Erdgaspreis gekoppelt ist, lässt Tür und Tor für Manipulation offen. RWE/Innogy ist Erdgasgroßhändler und kann mit überhöhten internen Verrechnungspreisen Gewinne in andere Konzernteile verschieben. Grundsätzlich ist eine Preisgleitklausel legitim, sie muss aber an eine neutrale, öffentliche Quelle (z.B. Stat. Bundesamt) gekoppelt sein – dies ist hier nicht der Fall.
Es ist richtig, dass die NH bis vor kurzem wenig Diskussionsbereitschaft gezeigt hat, was den Verkauf des Grundstücks angeht. Wir reden hier über einen Grundstückswert von rund 1,5 Mio. EUR – dieser Betrag ist bereits im städtischen Haushalt eingestellt. Aber wir reden auch von Vertragsverpflichtungen in Höhe des Preises für das Heizkraftwerk. Bei jedem Geschäft dieser Art ist eine sorgfältige Risikoprüfung (Due Diligence) durchzuführen. Die Prüfung beinhaltet eine technische, finanzielle und rechtliche Prüfung. Solange die NH nicht diskussionsbereit war, war eine Prüfung ohnehin nicht möglich. Erst jetzt haben wir vielleicht die Chance eine solche Prüfung durchzuführen und genau das wollen wir. Zum einen ist hier aber noch die Bereitschaft der RWE unklar (Prüfung technische Anlage), zum anderen wird eine solche Prüfung Kosten im sechsstelligen Bereich verursachen.
Die Grünen suggerieren, dass der Wärmepreis mit einem Betreiberwechsel billiger wird. Das kann derzeit niemand mit Sicherheit sagen, noch nicht mal mögliche Anbieter wie Mainova. Bis ein möglicher Nachfolgebetreiber die Anlage und das Verteilernetz selbst geprüft hat, kann er nicht abschätzen, wie viel er investieren muss, um alles auf einen für ihn adäquaten technischen Stand zu bringen. Erst wenn er das geprüft hat, wird er einen Preis nennen.
„Ja, wir sind auch mit der derzeitigen Situation unzufrieden – insbesondere damit, dass das Kartellverfahren sich derart in die Länge zieht.“ sagte Fraktionsvorsitzender Christopher Higman. „Wir dürfen uns aber nicht blindlings in ein finanzielles Abenteuer stürzen. Alles muss mit der gebotenen Sorgfalt untersucht werden. Alles andere wäre unverantwortlich – es handelt sich hier letztlich um das Geld der Bürger über das wir hier entscheiden.“